Tauchtauglichkeit


Grundsätzlich darf in Deutschland jeder Arzt eine Tauchtauglichkeitsbescheinigung ausstellen. Ob das aber so eine gute Idee ist, wage ich zu bezweifeln: Die meisten Ärzte haben leider - sofern sie nicht selbst Taucher sind - vom Tauchen wenig Ahnung und sportmedizinische Maßstäbe, die an Land gelten, gelten nicht unbedingt unter Wasser. Die Beschränkung der Untersuchung auf intakte Ohren oder vielgehörte Ratschläge wie "nicht so tief tauchen" sind das beste Beispiel für inkompetente Äußerungen auf diesem Gebiet, da die größten druckbedingten Veränderungen eben nicht in den unteren, sondern in den oberen Wasserschichten zu tragen kommen. (Von 0 auf 10 m nimmt der Druck um 100% zu, von 30 auf 40 m nur um 25%). Daher ist jedem Taucher, der seine Gesundheit ernst nimmt, zu empfehlen für die Tauchtauglichkeitsuntersuchung zu einem Arzt zu gehen, der ein entsprechendes Diplom der Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin (GTÜM) vorweisen kann. Voraussetzung für das Diplom ist nämlich unter anderem, selbst Taucher zu sein, was das ganze bereits auf ein ganz anderes Level hebt. Zudem muss das Diplom regelmäßig aufgefrischt werden. Interessierten Ärzten sei die Checkliste Tauchtauglichkeit ans Herz gelegt.
Hier gibt's eine Liste mit Taucherärzten der GTÜM.
In den meisten Tauchgebieten reicht es, eine Selbsterklärung über seinen Gesundheitszustand auszufüllen. Meistens wird einem dabei auch noch geholfen mit Ratschlägen wie "wenn Du hier einmal ja ankreuzt, brauchen wir ein ärztliches Attest", so dass man einfach mal überall ein Kreuz bei "nein" macht. Sehr bequem, aber auch sehr risikoreich.

Erste Hilfe bei Tauchern

Für professionelle Helfer gibt es hier die Leitlinie der GTÜM.
2 Dinge sind in der Behandlung von Tauchunfällen essenziell:
Sauerstoff und Flüssigkeitsgabe.

Sauerstoff

Vereinfacht kann man sagen, dass bei Tauchunfällen grundsätzlich davon auszugehen ist, dass Inertgas (in der Regel Stickstoff) da ist, wo es nicht hingehört. Die Gabe von hochkonzentriertem Sauerstoff führt nicht nur dazu, dass eine eventuelle Sauerstoffunterversorgung von Geweben und Organen verbessert wird, sie führt auch über ein Konzentrationsgefälle zu einer deutlich verbesserten Abatmung von Stickstoff. Halten wir uns vor Augen: Der verunfallte Taucher hat zuviel Stickstoff im Körper. Dieser Stickstoff muss raus. Ein Stoff diffundiert immer in Richtung seiner niedrigeren Konzentration. Bei Luftatmung wird dem Taucher jedoch nur 21% Sauerstoff, aber erneut 78% Stickstoff zugeführt - das erzeugt kein gut wirksames Konzentrationsgefälle. Nur mit 100% Sauerstoff (= 0% Stickstoff) wird eine optimale Stickstoffabatmung erzielt. Steht kein reiner Sauerstoff zur Verfügung, so ist das Atemgas mit dem höchsten Sauerstoffanteil zu verabreichen (z.B. Nitrox oder Tech-Gemische mit hohem O2-Anteil). Dabei gilt:

So viel Sauerstoff so früh wie möglich!

Das bedeutet: Es ist auch bei wenig Sauerstoffvorrat (z.B. kleine oder angebrochene Flasche) besser, sofort 100% Sauerstoff zu verabreichen, auch wenn dabei die Flasche nach ein paar Minuten leer ist, als beispielsweise nur 50%, weil man Sauerstoff "sparen" möchte um länger damit auszukommen. Ideal ist hierbei ein Demandsystem oder die Gabe über einen leicht atembaren Regler, da hier die Beimengung von Umgebungsluft auf Null reduziert werden kann, während bei normalen Inhalationsmasken oder gar Nasenbrillen, wie sie im Rettungsdienst ebenfalls vorhanden sind, nur noch lächerlich geringe Mengen Sauerstoff beim Patienten ankommen.

Flüssigkeit

Durch die hohen Drücke (und damit Partialdrücke) unter Wasser lösen sich Gase physikalisch besser in Blut und Geweben. Es besteht also beim Tauchen mit zunehmender Zeit und Tauchtiefe eine immer höhere Konzentration von - unter anderem - Stickstoff im Blut. Durch die Taucherdiurese (vermehrte Urinproduktion, deren Ursache vor allem Kälte und Druck zugeschrieben werden), besteht zudem ein relativer Flüssigkeitsmangel. Da das Blutplasma jedoch als Lösungsmittel dient, ist bei gleichbleibender Menge an Stickstoff die Konzentration um so höher, je weniger Lösungsmittel (Flüssigkeitsvolumen) vorhanden ist. Je höher die Stickstoffkonzentration, umso eher kommt es zur Übersättigung des Blutes und damit zum gefürchteten Ausperlen von Gasblasen. Durch Gabe von Flüssigkeit (trinken lassen als Erste Hilfe - Maßnahme oder Infusion durch den Rettungsdienst) wird die Konzentration schlicht und einfach verdünnt. Je früher das passiert, umso weniger Gasblasen perlen aus.

Erste-Hilfe-Algorithmus


Algorithmus Erste Hilfe bei Tauchunfällen
Abbildung modifiziert nach: Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin (GTÜM e.V.). Leitlinie Tauchunfall 2014-2017. Verfügbar unter: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/072-001.html (Zugriff am 2016/10/22)


Maßnahmen bei schweren Symptomen:


  • Wiederbelebung entsprechend den aktuellen internationalen Leitlinien, falls erforderlich
  • Lagerung: Seitenlage bei Bewusstseinsstörung, sonst Ruhiglagerung
  • Sauerstoff:
    • Sofortige Atmung von 100% O2 unabhängig von dem während des Tauchens geatmeten Gasgemisch:
    • ohne Pause bis zum Erreichen der Behandlungsdruckkammer
    • immer höchst mögliche Sauerstoff-Konzentration
    • z.B. Demand-Ventil oder Kreislauf-System mit Absorber für Kohlendioxid,
    • gegebenenfalls über Konstantdosierung (mindestens 15 Liter/Minute) mit Reservoirbeutel
  • Flüssigkeitsgabe:
    • Taucher, die selbständig trinken können, 0,5-1 Liter Flüssigkeit pro Stunde trinken lassen, isotonische, kohlensäurefreie Getränke bevorzugen
  • Rettungsleitstelle alarmieren: „Verdacht auf TauchunfaII“
  • Schutz vor Auskühlung und Überhitzung
  • Keine nasse Rekompression
  • Überwachen und wiederholt neurologische Kontrolle
  • Taucherärztliche Telefonberatung: Telefonnummern siehe http://www.gtuem.org
  • Dokumentation des Tauchunfallverlaufs und der Maßnahmen
  • Transportorganisation über Rettungsleitstelle, zur nächsten erreichbaren geeigneten Notaufnahme, möglichst in Nähe einer Behandlungsdruckkammer:
  • kein bestimmtes Transportmittel: schneller und schonender Transport
    • Hubschrauber: niedrigste fliegerisch vertretbare Flughöhe
  • Tauchpartner ebenfalls beobachten
  • Gerätesicherstellung (z.B. Tauchcomputer)


Typische Tauchunfälle

Die folgende Abbildung soll die Vorgänge, die zu einem Tauchunfall führen, verdeutlichen. Die grünen Bereiche haben ihren Ursprung in einem veränderten Stickstoff-Partialdruck (pN2). Die blauen Bereiche entstehen direkt durch Druckveränderung: Entweder durch Überdruck oder Unterdruck. Die roten Bereiche haben ihren Ursprung in einer Veränderung des Sauerstoff-Partialdrucks (pO2).

Überblick Tauchunfälle
Überblick über Entstehung und Zusammenhänge zwischen verschiedenen "typischen" Unfällen, die beim Tauchen auftreten können.

Unfälle durch direkte Druckeinwirkung


Grundlagen


Boyle-Mariottesches Gesetz
Der normale Luftdruck auf Meereshöhe beträgt rund 1 bar. Pro 10 m Wassertiefe kommt jeweils ein weiteres bar hinzu. Der Umgebungsdruck, der auf einem Taucher lastet, berechnet sich also aus Luftdruck + Wasserdruck. In 10 m Tiefe beträgt der Umgebungs- oder Gesamtdruck also 2 bar, in 20 m 3 bar, in 30 m 4 bar usw. Das physikalische Gesetz von Boyle und Mariotte besagt, dass das bei einem Gas das Produkt aus Druck und Volumen immer konstant ist. Das bedeutet: Ein Luftballon, der auf Meereshöhe (1 bar) mit 1 Liter gefüllt ist, ist in 10 m Wassertiefe auf die Hälfte geschrumpft. Der halbe Liter Luft, der sich im Ballon befindet, hat jedoch auf 10 m Tiefe ebenfalls einen Druck von 2 bar. Beim Auftauchen nimmt der Druck wieder ab, das Volumen hingegen zu.

"Einfache" Barotraumen

Beim Abtauchen wird die Luft in allen natürlichen und künstlichen Körperhöhlen komprimiert. Anders als beim Luftballon sind viele Körperhöhlen jedoch nicht komprimierbar, da sie z.B. knöcherne Wände haben. Am stärksten ist dies in der Regel im Mittelohr zu spüren. Das Trommelfell, als einziger elastischer Teil, wird nach innen gedrückt, was je nach Ausprägung zu Schmerzen bis hin zum Trommelfellriss führen kann. Daher ist der Druckausgleich sehr wichtig. Durch Schlucken oder das Valsalva-Manöver (gegen die zugehaltene Nase ausatmen) wird die Ohrtrompete (Tuba auditiva) geöffnet. Sie stellt eine Verbindung zwischen dem Rachen und dem Mittelohr dar, über die nun ein Druckausgleich zwischen Nasen-Rachen-Raum und Mittelohr stattfinden kann. Somit kann der Druck im Mittelohr immer dem Umgebungsdruck angepasst werden, so dass das Luftvolumen im Mittelohr konstant gehalten werden kann. Die Nasennebenhöhlen sind mit der Nasenhöhle verbunden und werden normalerweise automatisch belüftet, so dass der Druck immer dem in der Nasenhöhle entspricht. Wird beim Abtauchen kein Druckausgleich hergestellt, kommt es zu Schmerzen, im Extremfall kann das Trommelfell reißen.
Eine künstliche Körperhöhle ist die Tauchermaske. Auch sie ist zunächst nur mit 1 bar gefüllt, so dass das Volumen in der Maske beim Abtauchen das bestreben hat, sich zu verkleinern. Es entsteht also in der Maske ein relativer Unterdruck. Dieser kann durch Ausatmen durch die Nase recht einfach ausgeglichen werden. Tut man dies nicht, hat man nach dem Tauchen nicht nur ausgeprägte Hautmale, es kann theoretisch sogar zu Augenverletzungen kommen. Auch Luftblasen in Zahnfüllungen können theoretisch Probleme machen, so etwas sollte aber in der modernen Zahnmedizin generell nicht mehr vorkommen.

Beim Auftauchen dehnt sich die Luft wieder aus und kann normalerweise leicht entweichen. Die Ohrtrompete wird durch den Überdruck im Mittelohr automatisch geöffnet und die Luft strömt mehr oder weniger unbemerkt in den Rachen, wo sie abgeatmet werden kann. Problematisch wird es, wenn es - z.B. bei Erkältungen - zu Schleimhautschwellungen kommt, die die Öffnungen von Nebenhöhlen und Ohrtrompete verschließen. Dann kommt es zum Überdruck, der auch zum Trommelfellriss führen kann.
Die Dichtlippe der Tauchermaske erlaubt ein Entweichen des entstehenden Überdrucks.

Übrigens gilt das Prinzip auch für den Magen-Darm-Trakt. Dieser ist allerdings weich, weswegen hier die Darmgase beim Abtauchen problemlos komprimiert werden. Ein Aufstoßen beim Auftauchen ist aber nichts ungewöhnliches, da sich die Gase beim Auftauchen eben wieder ausdehnen.

Pulmonales Barotrauma (PBT)


Überdruck-PBT

Beim Auftauchen dehnt sich die Luft in der Lunge aus. Ist die Lunge aber in der Tiefe nach einer tiefen Einatmung bereits maximal gefüllt und wird dann beim Auftauchen nicht ausgeatmet, kann es zu einer Überdehnung des Lungengewebes kommen und die Lunge kann einreißen.
Kommt es zu einem Riss am Rand der Lunge, so kann Luft in den Pleuraspalt eindringen. Die Pleura besteht aus dem Rippenfell, welches den Brustkorb innen überzieht und entgegen dem Begriff "Fell" eine glatte Haut ist, die mit ein wenig Flüssigkeit überzogen ist, und dem Lungenfell, welches die Außenhaut der Lunge darstellt. Zwischen den beiden "Fellen", man spricht auch von "Pleurablättern", herrscht ein Unterdruck. Dieser Unterdruck hält die Lunge, die aus elastischem Gewebe besteht, aufgespannt. Das Prinzip ähnelt zwei Objektträgern, zwischen denen sich ein Tropfen Wasser befindet: Man kann sie zwar gegeneinander verschieben, aber nicht voneinander abheben. Durch das Eindringen von Luft wird dieser Unterdruck jedoch zerstört und die Lunge kann sich auf der betroffenen Seite zusammenziehen oder gar ganz kollabieren. Man spricht dann von einem Pneumothorax. Die Hauptgefahr hierbei ist, dass der Druck in der betroffenen Pleurahöhle weiter zunimmt. Dies kann einerseits durch ein weiteres Aufsteigen aus der Tiefe passieren, jedoch auch an Land: Legt sich über die verletzte Stelle an der Lunge ungünstig ein Gewebelappen, so kann es unter umständen dazu kommen, dass zwar bei einer Einatmung jedes mal noch Luft in die Pleurahöhle gelangt, diese aber nicht mehr abgeatmet werden kann, da der Gewebelappen wie ein Ventil funktioniert. Hierdurch nimmt der Druck in der betroffenen Pleurahöhle soweit zu, dass das Herz auf die andere Seite verschoben wird. Man spricht von einem Spannungspneumothorax. Es kommt zum Abknicken großer Gefäße, das Herz und die gesunde Lunge werden komprimiert, es besteht dann Lebensgefahr.
Da Bronchien, Arterien und Venen in der Lunge gemeinsam verlaufen, kann es beim Einriß von Lungengewebe auch immer zu einer Gefäßverletzung kommen. Es besteht dann theoretisch die Möglichkeit, dass Luft ins Blutgefäßsystem eingeschwemmt wird. Es droht eine arterielle Gasembolie (AGE, s.u.).
Das Übrudruckbarotrauma der Lunge kann nicht nur nach einer maximal tiefen Einatmung entstehen, es kann auch bei normalem Tauchverhalten bei vorgeschädigter Lunge auftreten. Das Lungenemphysem, eine Veränderung der Lunge, die vor allem bei langjährigen Rauchern zu finden ist, führt zur Bildung von Blasen im Lungengewebe. In diesen Gewebeblasen kann sich Luft ansammeln und kommt nicht so schnell wieder heraus, wie dies in gesunden Lungenabschnitten der Fall ist (Air Trapping). Auch in diesen Arealen kann es zu einer - lokalen - Überdehnung kommen mit entsprechendem Einriss des Lungengewebes.


Unterdruck-PBT

Das Unterdruckbarotrauma der Lunge ist eine seltene Besonderheit. Es entsteht dann, wenn in der Lunge weniger Druck herrscht, als in der Umgebung. Apnoetaucher beispielsweise atmen an Luft ein und haben dann Luft mit ca. 1 bar in der Lunge. Sie tauchen in extreme Tiefen ab, oft jenseits der 100 m. Derartige Apnoetaucher haben aber lange trainiert. Es handelt sich in der Regel um besonders schlanke Personen, die zuvor über Yoga und Atemtechniken ihr Zwerchfell extrem mobilisierbar gemacht haben. Hierbei können sich Bauch und Zwerchfell extrem stark komprimieren lassen, so dass die Lunge sich weitaus mehr komprimieren lässt, als bei gewöhnlichen Menschen. Der Effekt dieser stark komprimierbaren Lunge ist, dass das Gasvolumen in der Lunge ebenfalls extrem komprimiert werden kann, was nach dem Gesetz von Boyle und Mariotte zu einem erhöhten Druck führt. Es findet auf diese Weise ein Druckausgleich statt und die Lunge bleibt weitgehend unbeschadet. - Eben bei trainierten Apnoetauchern, bei untranierten Menschen ist die Komprimierbarkeit der Lunge irgendwann überschritten, dann bleibt das Volumen der Lunge konstant, mit zunehmender Tiefe entwickelt sich dann aber ein relativer Unterdruck in der Lunge, welcher Flüssigkeit aus dem Gefäßsystem in die Lungenbläschen und das Bronchialsystem zieht. Man hat dann Wasser in der Lunge (Lungenödem, s.u.), wodurch die Atmung behindert wird. Dies kann lebensgefährliche folgen haben.
Eine zweite Methode, sich ins Unglück zu stürzen, ist das Umsetzen von alten Indianer- oder Zeichentrickfilmen: Hier sitzt oft jemand am Grund eines Sees und atmet durch ein langes Schilfrohr, das bis an die Oberfläche reicht. Das funktioniert nicht. Aus diesem Grund haben Schnorchel auch nur eine begrenzte Länge (35 cm). Abgesehen davon, dass man mit einem langen (Schilf)Rohr immer nur seine eigene Ausatemluft hin- und herschieben würde, bis irgendwann aller Sauerstoff daraus verbraucht ist (Pendelatmung), wird ab einer gewissen Tiefe die Einatmung unmöglich: Durch die Verbindung mit der Oberfläche herrscht in der Lunge immer nur ein Druck von 1 bar. Beim Abtauchen drückt der Umgebungsdruck die Luft schlichtweg aus der Lunge heraus. Eine Einatmung wäre dann unmöglich, auch hier kommt es rasch, wie oben Beschrieben, zu einem Lungenödem aufgrund des Unterdrucks in der Lunge. In einer Wassertiefe von nur 60 cm (!) kommt es bereits nach 4 Minuten Atmung zu Gesundheitsschäden.

Immersionslungenödem

Zunächst eine Begriffserklärung: Immersion = Eintauchen in Wasser (wobei nicht der gesamte Körper untergetaucht sein muss, in diesem Fall spräche man von Submersion), Lungenödem = Wasseransammlung in der Lunge.
Bei einigen Patienten (insbesondere Patienten mit schwerem Bluthochdruck oder Herzerkrankungen) kann es durch die Immersion in Wasser zu einem Lungenödem kommen. Es wird vermutet, dass dabei der Wasserdruck dabei die Hauptrolle spielt, durch den Venen komprimiert werden. Die Venen dienen allerdings als sogenannte "Kapazitätsgefäße" in denen im Normalfall ein Teil des Blutes zurückgehalten werden kann. Durch die Kompression der Venen wird also mehr Blut aus dem Körper zum Herzen hin transportiert. Das Blut landet zunächst in der rechten Herzhälfte und wird von dort in die Lunge gepumpt. Da nun viel mehr Blut dort ankommt, als geplant, wird die Lunge mit Flüssigkeit überladen. Insbesondere bei einer vorerkrankten linken Herzhälfte oder bei hohem Widerstand in den Arterien des Körperkreislaufs, wie er bei Bluthochdruckpatienten auftreten kann, ist die linke Herzhälfte unter Umständen nicht mehr in der Lage das "mehr" an Flüssigkeit aus der Lunge wieder abzupumpen und in den großen Körperkreislauf abzugeben, so dass sich immer mehr Flüssigkeit im Lungenkreislauf ansammelt. Ein bißchen so, als ob bei einem starken Regenguss der Keller voll läuft und man mi einer viel zu kleinen Pumpe versucht, das Wasser abzupumpen. Hierdurch erhöht sich der Druck im Lungenkreislauf und es kommt zum Übertritt von Flüssigkeit aus den Blutgefäßen in die Lungenbläschen. Durch die Flüssigkeitsansammlung wird die Atmung behindert, es kann zu Luftnot und ungewöhnlichen Atemgeräuschen kommen (Giemen, Rasseln etc.).
Die wichtigsten Maßnahmen der Erste Hilfe sind hier: Patienten aus dem Wasser holen, Lagerung mit erhöhtem Oberkörper, Sauerstoffgabe, Notruf 112. Der Patient soll sich dabei möglichst wenig anstrengen und aufregen (so wenig wie möglich laufen lassen, beruhigen, betreuen). Zudem muss bei allen Wassernotfällen immer daran gedacht werden, dass ein Wärmeerhalt erfolgen muss (abtrocknen, Decke o.ä. umlegen), da nasse Patienten selbst in verhältnismäßig warmer Umgebung auskühlen können.

Unfälle durch Veränderung des pN2


Tiefenrausch

Normalerweise nimmt Stickstoff nicht am Stoffwechsel teil und ist im Körper sehr reaktionsträge. Ab einem Partialdruck von ca. 3,2 bar (bei Luft entsprechend einer Tauchtiefe von 31 m) kann es aber zu Wirkungen auf das zentrale Nervensystem (ZNS) kommen, die ähnlich der Alkoholwirkung beschrieben werden. Man spricht daher auch von einer Stickstoffintoxikation (=Vergiftung). Prinzipiell sind das vor allem dämpfende Wirkungen, die zunächst häufig zu einem Tunnelblick führen und später auch Symptome wie Euphorie, verminderte geistige Leistungsfähigkeit und Fehlhandlungen hervorrufen können. Bei Tests in Druckkammern waren die Probanden teilweise nicht mehr in der Lage, einfachste Rechenaufgaben korrekt zu lösen. Dieser Rauschzustand kann unter Wasser äußerst gefährlich werden, klingt aber beim höhertauchen in der Regel rasch wieder ab. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Tiefenrauschs ist nicht nur von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich, sie ist auch abhängig von der individuellen Tagesform.

Decompression Sickness (DCS) = Dekompressionskrankheit = Caissonkrankheit

Nach dem Gesetz von Henry ist die Löslichkeit eines Gases in einer Flüssigkeit, also in unserem Fall z.B. Stickstoff im Blutplasma, umso höher, je größer der Partialdruck des entsprechenden Gases ist. Je tiefer der Taucher also taucht, umso mehr Stickstoff kann im Blut gelöst werden. Die Menge des Gases, das im Blut physikalisch gelöst ist, nimmt mit der Dauer des Aufenthaltes in der Tiefe zu. Je länger und tiefer ein Tauchgang also ist, umso mehr Stickstoff kann sich im Blut ansammeln. Wenn beim Auftauchen der Druck abfällt, nimmt die Löslichkeit des Gases wieder ab. Beim langsamen Auftauchen kann der Stickstoff recht gut über die Lunge wieder ausgeatmet werden. Je schneller jedoch der Druck abnimmt, desto wahrscheinlicher kommt es zum Ausperlen von größeren Blasen im Blut. Man spricht auch vom "Sprudelflascheneffekt".

Zur Minimierung von Gasblasen wird neben dem obligaten Sicherheitsstop auch ein Deepstop empfohlen.


Prinzipiell kann dieser Effekt in allen Geweben auftreten, die mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten Stickstoff anreichern und ausperlen lassen. Im Blut entstehen die Blasen vor allem in den Venen, da dort ein wesentlich geringerer Druck herrscht als in den Arterien. Ein Großteil der Gasblasen wird durch das venöse Gefäßsystem zur Lunge transportiert und kann dort abgeatmet werden. Kommt es jedoch zum Übertritt von Gasblasen aus dem venösen ins arterielle System, so können sich die Blasen in verschiedenen Organen festsetzen und dort zu schwerwiegenden Durchblutungsstörungen führen. Man spricht dann von einer arteriellen Gasembolie:

Arterielle Gasembolie (AGE)

Bei der arteriellen Gasembolie gelangen Gasblasen, die ja normalerweise in den Venen entstehen, ins arterielle System. Das bedeutet, sie werden mit dem Blutstrom zu den unterschiedlichsten Organen transportiert und können sich dort festsetzen. Da Stickstoff als Inertgas nicht verstoffwechselt wird, ist der Abbau solcher Gasblasen entsprechend kompliziert. Die Blaen verstopfen die Arterien und führen zu einer Durchblutungsstörung. Diese wiederum kann am betroffenen Organ unterschiedlich starke Schäden hervorrufen. Kommt es zu Gasembolien im Gehirn, dann spricht man von einer zerebralen Gasembolie (Gehirn = Cerebrum). Bei Embolien im zentralen Nervensystem, ZNS (Gehirn + Rückenmark), von einer zentralen Gasembolie. Die zentrale bzw. zerebrale Gasembolie (engl. abgekürzt CAGE) ist die gefürchtetste Form der AGE, da sie Symptome eines Schlaganfalls hervorrufen kann und zur dauerhaften Behinderung des Betroffenen führen kann.
Ursache können Verbindungen zwischen dem venösen Blutgefäßsystem und dem arteriellen Gefäßsystem sein, sogenannte Shunts. Früher hat man eine Verbindung zwischen den Herzvorhöfen, das offene (oder persistierende) Foramen Ovale, PFO, dafür verantwortlich gemacht. Normalerweise verschließt sich das Foramen ovale kurz nach der Geburt, jedoch bleibt es bei einigen Menschen eben auch offen. Heutzutage rückt die Bedeutung des Foramen ovale jedoch immer mehr in den Hintergrund. Unter anderem erforscht man Blutgefäßverbindungen im Bereich der Lungenspitzen, die auch bei gesunden Menschen unter Umständen Gasblasen ins arterielle Gefäßsystem überleiten können. Die Überlegung geht daher in die Richtung, den Sicherheitsstop in einer waagerechten Körperposition zu empfehlen. Eine AGE kann natürlich auch im Rahmen eines PBT auftreten, wenn es neben der Verletzung des Lungengewebes auch zu einer Gefäßverletzung kommt.
Da sowohl bei der DCS als auch bei der AGE Gasblasen vorliegen, wo sie nicht hingehören, ist die Unterscheidung der beiden Krankheitsbilder so gut wie unmöglich. Die Behandlung ist jedoch die gleiche. Nach entsprechenden Erste-Hilfe-Maßnahmen erfolgt die Behandlung in einer Druckkammer, um die Blasen wieder zu verkleinern und sie so abatembar zu machen.

Unfälle durch Veränderung des pO2


Sauerstoffintoxikation

Genau wie Stickstoff, ein bei normalem Druck harmloses Gas, ab einem gewissen Partialdruck Symptome am ZNS hervorrufen kann, so kann dies auch der Sauerstoff. Man geht davon aus, dass eine akute ZNS-Wirkung in etwa ab einem Partialdruck von 1,7 bar aufftritt. Dies würde bei normaler Pressluft einer Tauchtiefe von ca. 70 Metern entsprechen, eine Tiefe, die man mit Pressluft niemals betauchen sollte und vor deren Erreichen bereits ein ausgeprägter Tiefenrausch eingesetzt haben dürfte. Der kritische Sauerstoff-Partialdruck (pO2) kann jedoch bei Verwendung von Gasgemischen mit höherem Sauerstoffanteil (z.B. Nitrox) bereits deutlich schneller erreicht werden. Daher erlernen Taucher im Nitrox-Kurs auch die Berechnung der maximalen Einsatztiefe des Gasgemischs und müssen den Sauerstoffanteil vor dem Tauchgang grundsätzlich prüfen. Man rechnet hier mit einer pO2-Grenze von heutzutage 1,4 bar als Sicherheitsabstand. Bei einem typischen Nitrox-Gemisch mit 32% Sauerstoff entspräche das einer Tauchtiefe von ca. 33 m. Der Sauerstoff wirkt im Gegensatz zum Stickstoff nicht hemmend, sondern erregend auf das zentrale Nervensystem. Es kann zu Kopfschmerzen, Übelkeit und auch zu Krampfanfällen kommen - unter Wasser eine tödliche Gefahr. Ein Notaufstieg in einer solchen Situation birgt genau wie jeder andere Tauchgang auch die Gefahr der Stickstoffblasenbildung, so dass auch bei einer Sauerstoffvergiftung im Rahmen eines Tauchunfalls an der Oberfläche reiner Sauerstoff geatmet werden muss. Die toxische Wirkung ist aufgrund des veränderten Partialdrucks an Land nicht mehr gegeben.

Schwimmbad-Blackout

Der Schwimmbadblackout ist ein Phänomen, das immer im Zusammenhang mit Tauchunfällen genannt wird, aber eigentlich kein klassischer Tauchunfall ist und schon gar nichts mit Gerätetauchen zu tun hat. Zum Schwimmbadblackout kommt es vor allem beim Apnoe-Streckentauchen durch Laien.
Viele Menschen sind der Meinung, durch Hyperventilation (sehr tiefes Ein- und Ausatmen) den Körper mit Sauerstoff aufsättigen und dadurch länger die Luft anhalten zu können. Dies ist jedoch ein Irrglaube, da die roten Blutkörperchen ohnehin zu 100% (oder zumindest fast 100%) mit Sauerstoff beladen sind. Hyperventilieren vor einem Tauchgang bringt also diesbezüglich nicht viel. Was dadurch allerdings passiert ist, dass vermehrt Kohlendioxid abgeatmet wird. Bei gesunden Menschen wird der Atemreiz entgegen der landläufigen Meinung nicht primär über einen zu niedrigen Sauerstoff-, sondern über einen zu hohen Kohlendioxidspiegel vermittelt. Hält man die Luft an, sammelt sich durch den im Körper ständig laufenden Stoffwechsel Kohlendioxid (CO2) im Blut an, was im Atemzentrum registriert wird und zu Atemnot führt. Wird vor einem Tauchgang nun der CO2-Spiegel durch Hyperventilation zu stark gesenkt, so kann man tatsächlich länger tauchen, weil das CO2 erst deutlich später seinen kritischen Schwellenwert wieder erreicht und somit die Atemnot auch erst später einsetzt. Dies ist aber unabhängig vom Sauerstoffverbrauch. So kann unter Umständen trotz fehlender Atemnot bereits soviel Sauerstoff verbraucht sein, dass der Taucher bewusstlos wird. Zu allem Übel kann durch den langsam weiter steigenden CO2-Spiegel unter Wasser die Atmung wieder einsetzen und es kann zu einem Ertrinkungsunfall kommen. Dies ist einer der Gründe, warum man auch im Schwimmbad nicht alleine bzw. unbeobachtet tauchen sollte. Eine sehr gute Darstellung habe ich bei Wikipedia gefunden und direkt mal hier eingebaut - man muss ja das Rad nicht immer neu erfinden:
Shallow water blackout diagram 1 deShallow water blackout diagram 2 de

Aufstiegs-Blackout ("Flachwasser-Ohnmacht")

Schwieriger zu verstehen ist der Aufstiegs-Blackout. Bereits im Kapitel Sauerstoffintoxikation haben wir gelernt, dass sich Sauerstoff mit zunehmendem Partialdruck im Körper reaktionsfreudiger verhält. Beim Apnoe-Tieftauchen atmet der Apnoeist zunächst Luft ein und taucht dann auf oft sehr große Tiefen ab. Während er abtaucht, wird im Körper Sauerstoff verbraucht und in Kohlendioxid umgewandelt. Je länger der Tauchgang dauert, umso mehr Sauerstoff wird verstoffwechselt. Es ist jedoch noch immer Sauerstoff im Blut vorhanden. Im Normalfall würde dieser Sauerstoff wieder ausgeatmet, jedoch wird er mit zunehmender Tiefe immer reaktionsfreudiger. Das führt dazu, dass beispielsweise das Gehirn relativ normal weiterfunktionieren kann, da das bißchen Restsauerstoff durch den in der Tiefe erhöhten pO2 derart reaktionsfreudig ist, dass alle Stoffwechselvorgänge in den Zellen normal ablaufen können. Taucht der Taucher allerdings wieder auf, so nimmt der Umgebungsdruck und damit auch der pO2 ab. Nun kann sich der fehlende Sauerstoff bemerkbar machen, da mit abnehmendem pO2 der im Blut zirkulierende Restsauerstoff nun auch nicht mehr seiner Arbeit nachkommt. Die Zellatmung der Gehirnzellen ist gestört, es kann zur Bewusstlosigkeit kommen. Dieses Phänomen tritt insbesondere auf den letzten Metern auf, da hier, wie einleitend erwähnt, die relativen Druckveränderungen am größten sind. Das ist der Grund, warum jeder Apnoe-Tieftaucher einen Sicherheitstaucher an der Oberfläche haben muss, der ihn im Falle einer plötzlichen Bewusstlosigkeit retten kann.



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